Edwin Hadré, der Vater der VDI 3814, verstorben
In Trauer nimmt die Community der Gebäudeautomation Abschied von Edwin Hadré. Unser tiefes Mitgefühl gilt seiner Gattin Rosmarie, seinen beiden Söhnen und seinem Bruder. Mit der VDI 3814 hat er sich ein Denkmal gesetzt, dessen Bedeutung Branchenkennern vertraut ist. Wir wollen diesen kompetenten und sympathischen Fachkollegen ehren, indem wir weiterhin konsequent die Anwendung des Prinzips seiner Informationsliste (heute Funktionsliste) aktiv nutzen.
Seine Initiative und seine Bemühungen, die Planung der Gebäudeautomation zu standardisieren, werden niemals vergessen werden. Möge er in Frieden ruhen.
Mitte der 1970er Jahre übernahm Edwin Hadré die Leitung des Richtlinien-Arbeitskreises für „Zentrale Leittechnik“ im VDI. Er gehörte dem Beirat Technische Gebäudeausrüstung an und zum Gründungskreis der Arbeitsgruppe Elektrotechnik in der TGA. Er betreute unzählige Kurse im damaligen VDI Bildungswerk. Damit begann eine beispiellose Erfolgsgeschichte für die Gebäudeautomation. Im Oktober 1999 wurde ihm die VDI-Ehrenplakette verliehen.
Es folgt ein kurzer Abriss aus dem Leben und Wirken von Edwin Hadré:
Geboren am 9. Mai 1941 in Berlin; im Alter von fünf Jahren kehrte seine Familie mit ihm nach Bremen zurück; er absolvierte eine Lehre bei der AEG mit Facharbeiterabschluss im Elektromaschinenbau; es folgte das Studium der Elektrotechnik in Bremen. Während des Studiums heiratete er seine Frau Rosmarie – mit der er zwei Söhne großgezogen hat. Nach dem Studium – 1964 – kam er als Vertriebsingenieur für Kraftwerks- und Gebäudeautomation zu Siemens. Schon damals setzte er sich als Dozent für die Technikerausbildung ein. 1969 folgte der entscheidende Schritt: Er wurde Planungsingenieur für MSR-Technik bei Schmidt Reuter in der Kölner Zentrale – dort avancierte er zum Referatsleiter für MSR- und Zentrale Leittechnik – und wurde mein Fachvorgesetzter und mein Vorbild. Aus dem Jahr 1975 stammt seine Veröffentlichung in der HLH zum Thema „Informationsliste für die ZLT“ – nachdem er bereits 1973 in der ETZ und in der Bauwelt zum Thema „Gebäudeautomation“ (!) sein Debut gegeben hatte.
Wer hätte damals gedacht, dass diese Informationsliste für die Dokumentation der Planung und Ausführung der Gebäudeautomation heute als „GA-Funktionsliste“ weltweit eine solche Bedeutung erlangen würde. Kernbestandteil der Weltnorm für GA ist die Definition der Funktionen aus unserer VDI Richtlinie 3814. Diese ist nach VOB/C Vertragsbestandteil aller öffentlichen Bauten. Besser konnte es für die GA-Branche nicht kommen. Das Standardleistungsbuch 070 des GAEB enthält diese Liste zur Preisfindung.
Bei Schmidt Reuter hat Edwin Hadré den Siegeszug der Gebäudeautomation – damals ZLT genannt – entscheidend vorangetrieben, mit beispielhaften Projekten wie Kernforschungsanlage Jülich, OPD Dortmund und Neue Heimat Hannover – alle so um 1973. In einer seiner Studien von 1973 schrieb er:
„Informationen müssen schnell, auch über große Entfernungen, zur richtigen Person geleitet werden, damit durch gezieltes Handeln ein möglichst wenig gestörter Betrieb gewährleistet wird. Somit ergeben sich Optimierungsaufgaben in den drei folgenden Bereichen:
1. Bedienung der technischen Anlagen,
2. Organisation der technischen Betriebsdienste,
3. Betriebskosten und Energiebezugskosten.“
Im Januar 1977 hat Edwin Hadré den Schritt in die Selbständigkeit als Freiberufler gewagt.
Er gründete ein Ingenieurbüro für Beratung, Planung, Bauüberwachung, Abrechnung, Messungen und Gutachten im Fachgebiet ZLT, MSR, Prozesssteuerungen, Fernmelde- und Sicherheitsanlagen. Zu seinen Referenzen gehören namhafte und vielbeachtete Projekte in Deutschland – vom Flughafen zum Krankenhaus und von der Universität zum komplexen Industriebetrieb. Schon Ende der 70er Jahre hat er komplexe Computerlösungen für den Gebäudebetrieb geplant und realisiert. Technisches Neuland wurde von ihm immer erfolgreich umgesetzt. Er setzte sich schon sehr frühzeitig für eine vernünftige Möglichkeit der sogenannten „Notbedienung“ ein. Mit der Europäischen Maschinenrichtlinie wurde es zwar notwendig, diese Bedieneinrichtung in „lokale Vorrangbedienung“ (LVB) umzutaufen – denn der Begriff „NOT“ erfordert rote Schalter auf gelbem Hintergrund.
Edwin hat sein Fachwissen kontinuierlich in Veröffentlichungen, Fachtagungen z. B. des VDI, an Technischen Akademien und im VDI-Bildungswerk weitergegeben. 1988 verfasste er das Fachbuch „Gebäudeleittechnik im Krankenhaus“, herausgegeben vom Verlag TÜV Rheinland.
Er engagierte sich in weiteren Arbeitskreisen der GA-Branche:
Mitwirkung an der VDI Richtlinie 6015 „Bussysteme der Elektroinstallation“ und beeinflusste die GMA-Richtlinie 3687 „Auswahl von Feldbussen“.
Mitwirkung bei der Textierung des GAEB-Standardleistungsbuches für Gebäudeautomation (070).
Mitwirkung im Arbeitsausschuss DIN 32736 für Gebäudemanagement und an der DIN V 32734 „Digitale Gebäudeautomation“ sowie an der Arbeit für die Europanorm des CEN TC 247 – die jetzt als DIN EN ISO 16484 vorliegt.
Edwin Hadré hat es geschafft, die geforderte Vollkommenheit bei seinen Projekten herzustellen, und zwar durch: übergreifende Betrachtung von Technik, Wirtschaftlichkeit und Organisation für den Betrieb von Liegenschaften.
Im Ruhestand hielt sich Edwin Hadré mit seinen Inlineskatern fit. Und die schönen Seiten des Lebens genoss er im Verein der „Schlaraffen“.
© Text/Foto Hans R. Kranz